Logo Harztheater

Digitales Programmheft – Die Zertrennlichen

Digitales Programmheft
Die Zertrennlichen

Von Fabrice Melquiot

Deutsch von Leyla-Claire Rabih und Frank Weigand

Inszenierung Constanze Burger

Ausstattung Heike Mondschein

Regieassistenz Maja Borgmann

Dramaturgie Rosmarie Vogtenhuber-Freitag

Sabah Alice Macura

Romain Frederik Reents

Inspizienz Maja Borgmann | Technische Leitung Rolf Zobel | Bühnentechnik Adolf Dörre (Leitung), Marko Lohmann |

Beleuchtungstechnik Holger Hofmann (Leitung) | Beleuchtungseinrichtung Kent Erich Weisheit | Ton- und

Videotechnik Stefan Ulrich | Requisite Michel Zelas | Maske Fred Lipke (Leitung), Silvia Chirico, Sophia John, Leonie

Sondermann | Ankleiderinnen Katrin Hahne (Leitung), Ute Baumgarten, Kathrin Dalljo, Tamara Fricke, Sylke Kuska,

Vicky Scheffler, Mandy Stolte, | Herstellung der Dekorationen und der Kostüme in den Werkstätten des Nordharzer

Städtebundtheaters | Ausstattungsleitung Gretl Kautzsch | Werkstattleitung Marco Rockmann | Kostümwerkstätten

Kerstin Nagat (Leitung, Damengewandmeisterin), Andrea Günzler (Kommissarische Leitung, Herrengewandmeisterin),

Yvonne Schöner (Stellvertretende Leitung)| Requisitenfundus Sandra Scholtissek| Bühnennahe Dienste,

Kommunikaiton Technik Katrin Hahne

Aufführungsrechte: Felix Bloch Erben GmbH & Co. KG, Berlin

Premiere: 19.01.2024 – Neue Bühne Quedlinburg

Aufführungsdauer: ca. 55 Minuten / keine Pause

VORWORT

Liebe Schülerinnen und Schüler,

Werte Lehrerschaft,

Es ist das erste Mal, dass das Harztheater den Versuch startet, ein digitales Programmheft zur

Verfügung zu stellen. In den vielen Nachgesprächen mit Schulklassen wurde immer wieder deutlich,

dass der Wunsch nach Hintergrundwissen, nach Anregungen und Fragen stark ist.

Bei einem Stück wie „Die Zertrennlichen“ gibt es viele relevante Themen, über die zu sprechen

wichtig wäre. Was ist Rassismus und in welchen Ausformungen tritt er zu Tage , wie verhält es sich

mit der Historie zwischen Algerien und Frankreich, wie wirken sich kulturelle und religiöse

Unterschiede auf die Kommunikation aus, was ist Neofaschismus, was ist die Geschichte der

Indianer bis hin zu Fragen über „rassistische“ Sprache und den schwierigen Themenkomplex, was

man sagen, was man im Theater zeigen darf und was nicht. Viele Bereiche, über die es wichtig ist,

zu reden. Offen und mit Respekt.

Wir haben für Euch eine kleine Auswahl von Texten und Artikeln zusammengestellt, hoffen Ihr

hattet ein bewegendes und spannendes Theatererlebnis und freuen uns auf die Gespräche mit Euch!

Euer Harztheater

„DIE GROSSE WEITERGABE DER DUMMHEIT“

lautet der Titel eines Bildes des österreichischen Malers Paul Flora. Darauf sieht man viele kugelige Erwachsene, vor denen kugelige Kinderkopien stehen. Aus den Köpfen der großen Kugeln strömt ein regenbogenförmiger Strahl in die kleinen Kugelköpfe. Dummheit von oben nach unten. 2017 schrieb der in Frankreich geborene Regisseur und Theaterautor Fabrice Melquiot das Stück „Die Zertrennlichen“ (orig.: „Les séparables“), welches u.a. mit dem deutschen Kindertheaterpreis 2018 ausgezeichnet wurde. In diesem Stück stehen sich zwei 9jährige Kinder, wohnhaft im selben Wohnblock, gegenüber. Romain, ein französischer Junge, der auf seinem Schaukelpferd über die Steppe seiner Imagination reitet und versucht, der Wirklichkeit seiner empathielosen, nationalistischen Eltern zu entkommen und Sabah, ein algerisches Einwanderermädchen, das, ebenfalls viel allein, ihre Stärke darin findet, Sioux-Indianerin zu sein und „Federn statt Kopftuch“ trägt.

Ausschnitt aus: Paul Flora, „Die große Weitergabe der Dummheit“

Die „Weitergabe“ zwischen diesen beiden ist eine andere als auf Floras Zeichnung. Eine von Sympathie, Phantasie und Zuneigung. Die beiden, die sich unfreiwillig begegnen, weil Sabah dem alleingelassenen Jungen algerisches Gebäck bringen muss, beginnen sich anzufreunden und eine Gemeinsamkeit aufzubauen, in der alles, was von außen her als „das Trennende“ definiert wird, (wie Herkunft, Religion, Sprache, Aussehen, Hautfarbe, etc.) ohne Belang ist.

Gemeinsam erleben sie Dinge, die nur „verwandte Seelen“ oder „Unzertrennliche“ erleben. Nach einem folgenschweren Tag, den sie gemeinsam im Wald (und nicht in der Schule) zugebracht haben, bricht die Wirklichkeit ihrer Eltern über sie herein. „Dreckige Araberin. Sie hat ihn reingezogen, mit ihrem prolligen Ausländercharme und ihrem stinkigen Gebäck“ echot Romains Mutter, die Araber Kanacken nennt. „Das ist kein Freund für Dich. Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm. Halt dich fern von ihm“ befiehlt Sabahs Mutter Aïché ihrer Tochter. Die Welt, die die Kinder sich als heile Fluchtinsel gezimmert hatten, bricht wie eine Eischolle auseinander. Was zu Beginn nur ein kleiner Haarriss ist, wird im Verlaufe der Zeit immer größer. Melquiot erzählt eine ganz besondere Liebesgeschichte. Er erzählt aber auch die Geschichte eines Hasses zwischen zwei Kulturen. Eine Geschichte von der destruktiven Kraft des Vorurteils. Und er erzählt, was in Kindern geschieht, die von den sie umgebenden Erwachsenen mit dem Gift des Rassismus bereits durch die Muttermilch gefüttert werden. Ohne es zu wollen, ohne zu wissen, was damit gemeint ist, beginnt sich in den Kindern die Sprache des Hasses zu verselbstständigen. Wenn Sabah ihren schwarzen Mitschüler Moussa, in Schulhofmanier in die Enge getrieben, im Original als „Sale Noir à grosses narines“* beschimpft, eskaliert in ihr der Hass von Generationen. In einem Kind, das selbst tagtäglich mit rassistischen Übergriffen konfrontiert ist.  Der Schock darüber, dem Fanal in der Sprache nicht zu entkommen, wiegt schwer.

Aber er führt dazu, dass sie sich mit dem schwarzen Mitschüler anfreundet, wahrnimmt, wie „cool“ er ist. Das Stück zeigt, wie fatal „die große Weitergabe der Dummheit“ sein kann. Man tritt im Extremfall nicht aus dem vergifteten Regenbogenstrom, sondern übernimmt ihn. Romain beschimpft Sabah als „dreckige Araberin“. Das Mädchen, das er liebt. So wird die Sprache zu einem wütigen Tier, das Gewalt entfacht. Der Streit der Kinder eskaliert in den Eltern und ein blutiger Krieg entsteht. Das Desaster findet sein Ende im Wegzug von Sabah. Dass es dem Stück gelingt, nicht in der Katastrophe zu verharren, sondern nahezu frohgemut weiterzugehen, ist der Poesie von Melquiots Sprache und seiner Liebe zu seinen Protagonisten zu verdanken. Er findet einen Ausweg in der Offenheit seiner Hauptfiguren, die sich selbst treu bleiben, die sich daran erinnern, dass sie, egal was ihre Eltern dachten und taten, sich liebten. Ihre Welt ist kein Traum, sie ist real und es gibt in ihr die Möglichkeit, nicht zur Kopie der Vergangenheit zu verkommen, sondern die Offenheit des Geistes vor das Vorurteil, die Liebe vor den Hass zu stellen und zu begreifen, dass es unter dem großen weiten Himmel eine Erde gibt, auf der Menschen miteinander leben können. Rosmarie Vogtenhuber-Freitag

*Übersetzung: “dreckiger Schwarzer mit großen Nasenlöchern”

„ICH BIN EINE SIOUX. VOM STAMM DER DAKOTA“

Die Sioux waren mit über 30.000 Angehörigen Anfang des 19. Jahrhunderts einer der größten Indianerstämme Nordamerikas. Ihr Siedlungsgebiet erstreckte sich über große Teile des heutigen Bundesstaaten Iowa, North Dakota, Nebraska, Minesota und South Dakota, bevor sie von den Weißen auf das Grausamste bekämpft, ihrer Heimat und Rechte beraubt und massiv dezimiert wurden. Dakota, Lakota und Nakota – alle drei Namen bedeuten „Verbündete“ oder „Freunde“ – sind die drei Hauptstämme der Sioux. (sprich: ssuu / abgeleitet vom Chippewa-Wort „Nadessiux“ = „kleine Schlange“) Der wichtigste Bezugspunkt der Sioux in allen Lebensbereichen waren Büffel. Sie spendeten nicht nur alles, was die Lakota zum Leben brauchten, (Nahrung, Kleidung, Fell, Sehnen für Bogen, Hörner für Löffel, etc.) sondern stellten mit ihren Schädeln auch die Verbindung zur Geisterwelt, unverzichtbarer Teil der Mythologie der Lakota, her. Die Legende der „weißen Büffelfrau“, die in den Stammesreligionen eine große Rolle spielt, zeugt davon: Eines Tages,  als die Bisons verschwunden waren, kam eine Frau zu zwei Lakota-Indianern. Einer begehrte sie und starb, der andere ehrte sie, und sie ging mit ihm in das Dorf und brachte den Lakota die „7 Stammesriten“. Als sie das Dorf wieder verließ, wurde sie zu einem weißen Büffelkalb. Die Häute weißer Büffel sind seitdem das dem Stamm Heiligste, das besessen werden kann.

Tatanka Yotanka genannt Sitting Bull

SITTING BULL – TATANKA YOTANKA war gemeinsam mit CRAZY HORSE einer der wichtigsten und vermutlich der berühmteste Häuptling der Sioux. Er kämpfte zwischen 1869 und 1876 (die USA hatten ihr Versprechen, den Indianern die Selbstverwaltung und die Gebiete um den heiligen Berg der Lakota und die Black Hills zu gewähren eben schmählich gebrochen) gegen die Weißen und war maßgeblich am Sieg 1876 am Little Big Horn beteiligt, in dem das Regiment von General Curt vernichtend geschlagen wurde. Nach vier Jahren Exil in Kanada kehrte Sitting Bull in seine Heimat zurück, trat für zwei Jahre in der Wild-West Show von Buffalo Bill auf und wurde 1890 im Reservat bei einer Verhaftung erschossen.

ALGERIEN UND FRANKREICH

Eine belastete Geschichte

Im Stücktext sagt Romains Mutter, gegen die Algerier wetternd: „Das hat alles 62 angefangen!“. Nein. Angefangen hat alles 1830, als Frankreich Algerien besetzte und das 2. Kolonialreich Frankreichs begründete. Anders als die französischen Protektorate Tunesien und große Teile Marokkos, wurde Algerien 1848 zum integralen Bestandteil Frankreichs erklärt. Ein Großteil der algerischen Bevölkerung waren französische Staatsangehörige, die politisch unterdrückt und wirtschaftlich diskriminiert wurden. 1956 mündeten die Aufstände und Unruhen gegen die Kolonialmacht in einen blutigen Befreiungskrieg, der erst 1962 mit der Unabhängigkeit Algeriens ein Ende fand. Über 800.000 Algerierfranzosen, sogenannte „Pieds-noirs“ wanderten damals in das ihnen unbekannte Frankreich aus. 10.000 algerischer Schutzsuchender, die auf Grund ihrer Zusammenarbeit mit der französischen Armee in Algerien Verfolgungen und Massakern ausgesetzt waren, flohen ebenfalls Richtung Frankreich. Dieser bis dahin größte Migrationsstrom des 20. Jahrhunerts führte zu vielen Protesten in Frankreich und zu mannigfaltiger rassistisch motivierter Gewalt, die sich über die Generationen tradiert hat und bis heute anhält.

SPRACHE IM FANGNETZ DER ZEIT

Eine gesellschaftliche Debatte im ambiguitätsfreien* Raum

Wir befinden uns in einer Gegenwart, in der hitzige Debatten darüber geführt werden, was „korrekt“ ist, was diskriminierend, entwürdigend, schlicht ein „No Go“. Die Debatten tangieren das tägliche Leben aber auch die Kunst und das Theater. Bilder werden aus Museen abgehängt, Texte aus Tagebüchern gestrichen, Preise aberkannt. Auch diesem Stück wurde nachgesagt, es würde heute seine Preise nicht mehr bekommen, weil es rassistische Sprache reproduziere. Ein Stück, das mit jeder Faser, die ihm eignet, ein Werk gegen Rassismus, Aburteilung, Gewalt und Xenophobie** ist. Dahinter steht der zweifellos ehrbare Wille, auch dem subkutanen Rassismus ein Ende zu bereiten, der – das Stück erzählt davon – schleichend immer weitersickert. Bleibt dennoch die Frage: Was darf Theater, was darf Kunst und was nicht. Darf man „Indianer“, „Zigeuner“, „Behinderter“, „Neger“, „Kanacke“, „Judensau“ (die Liste kann endlos weitergeführt werden) sagen oder nicht? Welche Wörter werden wann zurecht aus dem Sprachschatz verbannt? Was geschieht, wenn Figuren eines Stückes in Situationen „unkorrekte“ Dinge aussprechen, damit wir das Ausmaß ihres Handelns erkennen, uns erschrecken und nach dem Vorgang des Nachdenkens und der Reflexion, wenn wir uns von dem Schreck, der uns ereilte erholt haben, unsere Schlüsse für uns ziehen, um bewusster und sorgsamer unseren Alltag zu bestreiten? An diesen Fragen entzünden sich Lager. Pamphlete werden auf der einen wie der anderen Seite verfasst. Ideologien prallen aufeinander und evozieren das Gegenteil dessen, was sie propagieren – Gewalt. „Die Zertrennlichen“ zeigen, wie schnell Sprache in Gewalt umschlägt und sie fordern uns auf, auf die Menschen zuzugehen, unsere eigenen Vorurteile zu hinterfragen und wirkliche Offenheit in unser Denken einziehen zu lassen. Geschieht dies, werden auch Ideologien, die sich immer durch Enge, nie durch Weite im Denken auszeichnen, automatisch obsolet.

Rosmarie Vogtenhuber-Freitag 

* Ambiguität bedeutet Mehrdeutigkeit

** Xenophobie: [griechisch: Furcht vor Fremden] bedeutet Fremdenfeindlichkeit, Fremdenhass, Ausländerfeindlichkeit. 

Papa, was ist Rassismus?

Der marokkanische Philosoph und Schriftsteller Tahar Ben Jelloun führte mit seiner 10jährigen Tochter Mérièm ein Gespräch über Rassismus, das unter dem Titel „Papa, was ist ein Fremder“ veröffentlicht wurde. Wir haben hier ein paar Passagen aus dem Buch, das wirklich sehr interessant und vielschichtig ist, abgedruckt.  

Papa, was ist Rassismus?


Rassismus ist ein ziemlich verbreitetes Verhalten, das es in jedem Land gibt und das in manchen Ländern leider so alltäglich geworden ist, dass es vielen schon gar nicht mehr auffällt. Dieses rassistische Verhalten besteht darin, anderen Menschen zu misstrauen, sie zu verachten und ungerecht zu behandeln, und zwar nicht, weil sie uns etwas Schlimmes angetan hätten, sondern einzig und allein, weil sie anders aussehen oder aus einer anderen Kultur stammen als wir. 

Vorhin hast du gesagt, der Kolonialismus entzweit die Leute … Was ist Kolonialismus? Ist das auch Rassismus?

Im Neunzehnten Jahrhundert haben europäische Länder wie Frankreich, Portugal und Deutschland afrikanische und asiatische Länder militärisch besetzt. Der Kolonialismus sieht es als die Aufgabe der weißen „zivilisierten“ Menschheit an, „den minderwertigen Rassen die Zivilisation zu bringen“. Der Kolonialist ist nämlich davon überzeugt, dass andere Zivilisationen der seinen unterlegen sind und dass zum Beispiel ein Afrikaner dümmer als ein Weißer ist, nur weil er schwarz ist. 

Die Kolonialisten sind Rassisten!

Sie sind Rassisten und Unterdrücker, denn ein Land, das von einem anderen unterworfen wird, das heißt kolonialisiert wird, verliert seine Freiheit, seine Unabhängigkeit. So wurde Algerien von 1830, dem Beginn der französischen Besetzung des Landes, bis 1962 als Teil Frankreichs angesehen. Seine Reichtümer wurden geplündert und seine Einwohner ihrer Freiheit beraubt. Wer die Kolonialherrschaft nicht akzeptierte, wurde von den Franzosen verfolgt, verhaftet und sogar umgebracht. Der Kolonialismus ist ein Rassismus auf staatlicher Ebene. 

Wie kann ein ganzes Land rassistisch sein?

Nicht ein ganzes Land als solches, aber eine Regierung handelt rassistisch, wenn sie eigenmächtig beschließt, fremde Territorien zu besetzen und mit Gewalt unter Kontrolle zu halten. Sie missachtet die Rechte der dortigen Einwohner, verachtet die Menschen, betrachtet deren Kultur als unnütz und sieht es ihre Aufgabe an, diese „Wilden“ zu zivilisieren. (…) Kolonialismus ist Invasin, Diebstahl, Gewalt und kann schwerwiegende Auswirkungen auf die Menschen haben. In Algerien hat es zum Beispiel jahrelanger Kämpfe, jahrelangen Widerstands und Krieges bedurft, um den Kolonialismus zu beenden. 

Algerien ist frei…

Ja, es ist seit 1962 unabhängig. Die Algerier entscheiden jetzt selbst, was ihr Land braucht.

Kolonialisiert von 1830 bis 1962: hundertzweiunddreißig Jahre, das ist eine lange Zeit!

Das ist der Kolonialismus. Das Land wird besetzt, die Einwohner enteignet, jeglicher Widerstand in Ketten gelegt, die arbeitsfähigen Männer in die Hauptstadt der Kolonie verschleppt.

Sind deshalb so viele Algerier in Frankreich?

Vor seiner Unabhängigkeit was Algerien ein französischer Verwaltungsbezirk. Es gab keinen algerischen Pass. Die Algerier wurden als französische Untertanen angesehen. Die algerischen Christen machte man sofort zu französischen Staatsbürgern. Die algerischen Juden wurden ab 1870 dazu erklärt. Die algerischen Moslems hingegen nannte man „Eingeborene“. Dieser Begriff (…) ist ein Ausdruck des damaligen Rassismus. Die „Eingeborenen“ standen ganz unten auf der gesellschaftlichen Leiter – „eingeboren“ war gleichbedeutend mit „minderwertig“. Wenn die französische Armee oder die Industrie Arbeitskräfte brauchte, holte man sie aus Algerien. Niemand fragte nach der Meinung der Algerier. (…) Sie erhielten Befehle und wenn sie deren Ausführung verweigerten wurden sie verhaftet und bestraft. Das waren die ersten Fremdarbeiter. 

Aber gab es denn vor dem Eintreffen der Fremdarbeiter Rassismus und Ausländerfeindlichkeit in Frankreich?

Das gibt es überall, wo Menschen leben. Es gibt kein einziges Land, das behaupten könnte, keine Rassisten und Ausländerfeinde zu beherbergen. Der Rassismus ist ein Teil der Geschichte der Menschheit. (…) Gegen den Rassismus, gegen Fremdenhass und gegen Ausländerfeindlichkeit kämpfen, bedeutet miteinander leben lernen.  

Wie können wir das machen?

Der Kampf gegen den Rassismus muss uns in Fleisch und Blut übergehen. Unsere Wachsamkeit darf nie nachlassen. Wir müssen mit gutem Beispiel vorangehen und auf die Worte achten, die wir benutzen, denn Worte können gefährlich sein. Jedes Leben verdient Achtung. Niemand hat das Recht, einen anderen Menschen zu demütigen. Jeder hat einen Anspruch auf Menschenwürde. Wer andere Menschen achtet, würdigt dadurch das Leben in seiner ganzen Schönheit, in seinem Zauber, seiner Verschiedenheit und seiner Unerwartetheit. Und wer andere würdig behandelt, zeigt damit auch Achtung vor sich selbst. 

Und zum Schluss verraten wir Euch noch, was eigentlich MAKROUDHS sind. Viel Spaß beim Nachbacken!!

Makroudh (arabisch مق روض , DMG maqrūḍ oder مق روط / maqrūṭ), auch macroude, makroudh oder makrout, ist eine Gebäcksorte, die in Tunesien, Marokko, Libyen und Algerien zubereitet wird. Besonders die tunesische Stadt Kairouan ist für die Herstellung von Makroud bekannt. Am 20. Mai 2008 wurde das erste nationale Fest der Makroud gefeiert.

Zutaten für den Teig

-200 g Weichweizengrieß, 2 g Safran,

-20 g Butter,

-10 cl Pflanzenöl, 1 Pr Salz,

-125 ml Wasser

Zutaten für die Füllung:

– 150 g Datteln, am besten naturbelassen, Sorte „Deglet el nour“,

– Schale einer ungespritzte Orange, (alternativ auch Orangeat),

– 2 g Zimt gemahlen Wahlweise auch:

– 2 EL Orangenblütenwasser

– 1 Msp Piment, gemahlen

Zutaten für den Sirup:

– 250 g Puderzucker,

– 75 g Honig (mögl. flüssige, neutrale Sorte) (geht aber auch ohne Honig)

– Saft einer halben Zitrone,

– 5 cl Orangenblüten- oder Rosenwasser (kann auch entfallen, hat dann allerdings nicht das typisch

arabische Aroma).

– Garnitur; Sesamkörner oder gehackte Mandeln oder gehackte Pistazien

– Wasser

Zubereitung:

– Butter in einem kleinen Topf schmelzen und klären, Öl hinzufügen.

– In einer Rührschüssel Grieß, Safran und Salz

– Butter-Öl-Mischung hinzugeben und mit etwas Wasser zu einem elastischen Teig kneten.

– Den Teig für mindestens ein halbe Stunde ruhen lassen.

– Datteln entkernen und am besten durch eine Knoblauchpresse pressen, so dass ein Dattelpüree entsteht. Sind keine weichen Datteln verfügbar, die Datteln ganz fein hacken.

– Die restlichen Zutaten (Orangenschale, Zimt etc.) hinzufügen.

– Den Teig etwa 5 mm dick ausrollen und in ca. 4 cm breite Streifen schneiden.

– Den Teigrand etwas dünner drücken und die Dattelmasse als Strang in der Mitte der Teigsteifen verteilen.

– Teigränder übereinander schlagen, so dass etwa daumendicke Rouladen entstehen.

– Die Teigrollen diagonal in etwa 2 cm lange Stücke zerschneiden und auf Backpapier bei 180 °C goldgelb backen

– Aus Puderzucker, Honig, dem Zitronensaft, 25 cl Wasser und einem Schuss Orangenblüten- oder Rosenwasser einen recht flüssigen Sirup bereiten und in einer Frischhaltedose die Makroudh damit tränken.

– Die fertigen Makroudh mit gehackten Mandeln bestreuen. Dann hat man MANDELMAKROUDHS!

Quellen:

– Die Texte „Die große Weitergabe der Dummheit“ und „Sprache im Fangnetz der Zeit sind Originalbeiträge für dieses Programmheft von Rosmarie Vogtenhuber-Freitag;
– Bildausschnitt: Paul Flora: „Die Große Weitergabe der Dummheit“ (2004);

– Hack, Joachim: „Das große Buch der Indianer – alle Stämme, alle Kriege“;

– Markus, Jan: „Die Spiritualität und Mythologie der Lakota“ auf https://geschichte-wissen.de/blog/die-sioux/;

Jean-Jacques Jordi:

– „1962, die Flucht der Franzosen aus Algergien“ in https://www.cheminsdememoire.gouv.fr/de/1962-dieflucht-

der-franzosen-aus-algerien;

– Justin Bitam: „Der Algerienkieg. Ein unvollendeter Aufarbeitungsprozess“ hrg: Bundeszentrale für Politische

– Bildung in https://www.bpb.de/themen/europa/frankreich/505860/der-algerienkrieg;

– Tahar Ben Jelloun: „Papa, was ist ein Fremder“ S. 9, S. 80ff; S.96ff, rowohlt rotfuchs.

– Rezept für Makroudhs aus: https://www.kochwiki.org/wiki/Makroudh_(nordafrikanisches_Gebäck)

 

Impressum:
Intendant MD Johannes Rieger | Redaktion Rosmarie Vogtenhuber- Freitag | Grafik Dirk Grosser | Fotos

Elisabeth Rawald

Urheber, die nicht erreicht werden konnten, werden zwecks nachträglicher Rechtsabgeltung um Nachricht gebeten.

Harztheater.de
facebook.com/harztheater